Das Steuer übernehmen: Agiles Vorgehen im Content Marketing

Das ist drin für dich: In diesem Artikel erkläre ich, wie Content Marketing durch den Einsatz agiler Prinzipien, Techniken und Methoden professionalisiert und verbessert werden kann. Als Anregung für deine eigene Arbeit stelle ich ein prototypisches Modell für einen agilen Content Marketing-Workflow vor.


Agiles Content Marketing steuern
(c) Fotolia

Houston, wir haben ein Problem!

Im Content Marketing ist Relevanz entscheidend – wer seine Kunden und ihre Bedürfnisse gut kennt, kann für sie die passenden Inhalte produzieren und verbreiten. Das klingt einfach, ist in der Realität aber eine sehr komplexe Aufgabe. Viele Marketer konzentrieren sich mit Akribie auf Themen, Formate und Gestaltung, also sozusagen den „Content Marketing-Werkzeugkasten“, während sie einen immens wichtigen Part vernachlässigen: die passenden Strukturen und Prozesse für Content Marketing innerhalb der Organisation zu schaffen!

Doch ohne strategische Ausrichtung und Einbettung in die Gesamtorganisation, ist Content Marketing nichts Halbes und nichts Ganzes. Es bleibt dann reine „Marketing-Spielerei“, oder wird irgendwann ganz aufgegeben, weil es nicht die gewünschten Erfolge bringt. Das ist schade, denn als aktiv ausgeübte Management-Disziplin, die weit über die Marketing-Abteilung hinausgeht, können sich die Potentiale von Content Marketing erst so richtig entfalten und nachhaltig auf die geschäftlichen Ziele einzahlen.

 

Zuallererst gilt es aber, folgende Denkfehler zu überwinden:

 

Denkfehler Nr. 1: Content Marketing nur im Marketing verorten

Content Marketing wird in vielen Unternehmen als reines „Marketing-Ding“ verstanden. Dabei müsste eigentlich klar sein, dass die Produktion und Verbreitung von relevanten, nutzenorientierten Inhalten entlang der gesamten Customer Journey, und das ist Content Marketing per Definition, nicht alleine Sache des Marketings sein kann. Hier sind verschiedene Fachbereiche involviert und gefragt! Ziel sollte sein, einen gemeinsamen Weg der Zusammenarbeit zu finden anstatt in abgekapselten Content-Silos vor sich hinzuwurschteln.

Content Marketing ist vielmehr als integrierter Ansatz zu verstehen (deshalb führt der Begriff „Content MARKETING“ ja auch so in die Irre!), der die Art und Weise, wie ein Unternehmen mit seinen Kunden kommuniziert, radikal verändert – egal, ob im Marketing, im Vertrieb, im Kundenservice, ja, selbst in der IT und der Buchhaltung. Dafür braucht es aber auch neue, bereichsübergreifende Denk- und Arbeitsweisen, die über die Grenzen der Marketing-Abteilung hinausgehen und alle Mitarbeiter*innen eines Unternehmens als Inspirationsquelle und Teilnehmer*innen einbinden. Und nicht zuletzt auch die Kunden selbst.

 

Content Marketing heißt, die Art und Weise, wie ein Unternehmen mit seinen Kunden kommuniziert, radikal zu verändern!

 

Denkfehler Nr. 2: Pläne des Todes

Wenn Content Marketing einfach nur als ein (neues) Marketing-Instrument von vielen verstanden wird, wird es auch meistens herkömmlich organisiert und geplant. Das heißt: Es gibt starre Themen- und Kampagnen-Pläne, die Punkt für Punkt und möglichst abgeschottet von anderen Abteilungen abgearbeitet werden. Zu allem Übel orientieren sich diese Pläne häufig auch noch an der HIPPO-Methode (Highest Paid Person’s Opinion) und/oder persönlichen Vorlieben anstatt an Kundenfacts und -wünschen.

Eine gewisse Planung ist natürlich immer erforderlich und per se auch nichts Schlechtes, jedoch: Mit „agil“, sprich: flexibel, haben langfristige Detailpläne (oder auch „Pläne des Todes“ ;-)) nicht einmal im Ansatz etwas zu tun! Dabei ist das flexible Eingehen auf Kundenbedürfnisse in einer höchst dynamischen Welt eigentlich DAS entscheidende Kriterium für erfolgreiches Content Marketing – und überhaupt für erfolgreiche Unternehmen in Zeiten der Digitalisierung.

 

Silo-Denken und starre Pläne sind der Tod jedes effektiven Content Marketings!

 

Agilität im Content Marketing – was heißt das?

Um mit Content Marketing langfristig erfolgreich zu sein und es als „Mindset“ im Unternehmen zu etablieren, braucht es also veränderte Denk- und Arbeitsweisen, die Flexibilität und Teamwork zulassen. Hier kommen agile Prinzipien, Techniken und Methoden, wie sie in der Software-Entwicklung oder der Fertigungsindustrie schon viele Jahre angewendet werden, ins Spiel. Bestimmt hast du in diesem Zusammenhang schon öfter von Scrum, Kanban oder Lean Management gehört.

„Agilität“ hat in den letzten Jahren enorm an Bedeutung für Unternehmen gewonnen und wird in immer mehr Bereiche eingeführt, so auch im Marketing. In den USA hat sich dazu der Begriff des agilen Marketings gefestigt. Es richtet sich nach den Werten und Prinzipien des Agile Marketing Manifesto, das wiederum eine Weiterentwicklung des Agile Manifesto aus der Software-Entwicklung ist. Es ist eine gute Basis für die täglichen Probleme, Fragen und Herausforderungen im Marketing!

 

Für die Content Marketing-Praxis lässt sich das folgendermaßen übersetzen:

  • Umsetzung von Content-Produkten und -Projekten in kurzen, iterativen Zyklen
  • Fokus auf Kundenerwartungen und die regelmäßige Einbeziehung von Kundenfeedback
  • Zusammenarbeit in selbstorganisierten, cross-funktionalen Teams
  • Transparente Prozesse und offene Kommunikation über Hierarchie-Ebenen hinweg
  • Gemeinsames Lernen und Verbessern auf Basis klarer Kennzahlen
  • Willkommen-heißen von Veränderungen und aktive Reaktion darauf

 

Leider wird „Agilität“ oft falsch interpretiert: So heißt „agil“ nicht zwingend „schnell“, sondern eher „flexibel“, und die Anwendung konkreter Methoden, um die manchmal sehr viel Wind gemacht wird, ist in Wahrheit sekundär. In erster Linie geht es um ein neues Denken und Handeln auf Basis agiler Prinzipien! Und die passen ganz wunderbar zum Content Marketing.

Mehr dazu liest du auch hier: Agile Methoden im Content Marketing: Zwei, die sich mögen!

 

Der Kern agilen Arbeitens ist nicht die Anwendung von Methoden, sondern als Team neu zu denken und zu handeln!

 

Die drei Komponenten agilen Content Marketings

Klingt alles easy-cheesy und am liebsten würdest du gleich losstarten mit der Agilität? So einfach ist es leider nicht, denn davor sind noch ein paar Hausaufgaben zu erledigen. Damit agiles Vorgehen im Content Marketing überhaupt gelingen kann, braucht es notwendigerweise drei Komponenten, die sich gegenseitig bedingen:

 

Agiles Content Marketing Dreieck
Die drei Komponenten agilen Content Marketings (c) Sonja Schwarz

 

  1. Content (Marketing)-Strategie: Sie bildet das Grundgerüst für erfolgreiches Content Marketing und sorgt dafür, dass der geplante Kurs eingehalten wird. In der Strategie ist definiert, wie ein Unternehmen Content Marketing einsetzt, um die Kundenbedürfnisse zu erfüllen und seine (geschäftlichen) Ziele zu erreichen.
  2. Offene Content-Kultur: Ohne die gemeinsame Überzeugung des Nutzens von Content Marketing und der bereichsübergreifenden Content-Zusammenarbeit bleibt Content Marketing ein bloßes Instrument, ohne je sein volles Potential als Management-Disziplin auszuschöpfen. Dies erfordert eine Anpassung von Rollen und Strukturen im Unternehmen.

    Mehr dazu liest du auch hier:
    14 Indikatoren für eine gelungene Content-Kultur
  3. Agile Prinzipien, Strukturen & Prozesse: Ein kontinuierlicher, agiler Content Marketing-Workflow hilft dabei, effizienter, fokussierter und transparenter mit Content umzugehen und bessere Ergebnisse zu liefern. Wichtiger als die Wahl konkreter Methoden, ist das Verstehen von agilen Werten und Prinzipien und die Motivation und Unterstützung aller Beteiligten für diese neue Arbeitsweise.

 

Content Marketing ist keine Kampagne, sondern ein Commitment!

 

Die Veränderungen vorzunehmen, die für agiles Content Marketing notwendig sind, fällt (etablierten) Unternehmen nicht leicht. Es reicht eben nicht, Mitarbeiter in redaktionellem Handwerk zu schulen und ein bisschen auf „agil“ zu machen. Für strategisches Content Marketing braucht es Verständnis und adäquate Strukturen!

 

Modell für einen agilen Content Marketing-Workflow

Achtung, ab hier beginnt der Leseteil für Fortgeschrittene! Ich stelle nachfolgend mein prototypisches Modell für einen agilen Content Marketing-Workflow vor, den ich in vielen Monaten im Rahmen meiner Masterthesis erarbeitet habe.

Die Idee dazu entstand aus der eigenen täglichen Arbeit als Content Marketing Managerin. Ich wollte herausfinden, ob und wie sich die Organisation und Steuerung des Content Marketings (von einzelnen Content-Produkten bis zu größeren -Projekten) durch agiles Vorgehen verbessern lässt.

Mir ging es vor allem darum, einen gefestigten Rahmen für die interdisziplinäre Zusammenarbeit zu schaffen, der trotzdem genügend Raum für Flexibilität und Weiterentwicklung zulässt. Und am Ende ist eben dieses Modell herausgekommen, das ich nun auch als Beitrag zur allgemeinen Content Marketing-Debatte veröffentlichen möchte. Für mehr Struktur und Professionalisierung im Content Marketing!

 

Agiles Content Marketing Modell
Modell für einen agilen Content Marketing-Workflow (c) Sonja Schwarz

 

Wenn du noch nicht viel über agiles Vorgehen gehört hast, wird dich das Modell auf den ersten Blick überfordern. Es ist definitiv kein „Wasserfall-Plan“! Hier erkläre ich die einzelnen Elemente detailliert: Modell für agiles Content Marketing – die Details. Das solltest du lesen, um zu verstehen!

 

Methoden-Getreue müssen allerdings sehr stark sein. Denn das Modell kombiniert:

  • Techniken der agilen Methoden Scrum und Kanban (das sogenannte „Scrumban“, eine Anregung aus der angloamerikanischen Literatur).
  • Elemente aus der „klassischen“ Redaktionsarbeit.
  • Es kann durch die Innovationsmethode Design Thinking bei der Ideenfindung ergänzt werden.
  • Als grundlegende Denk- und Arbeitsweise liegt das Build-Measure-Learn-Prinzip aus dem Lean Startup zugrunde.


Diesen Pragmatismus brauchen wir im Content Marketing!
 Wichtiger als die Umsetzung von isolierten Methoden nach Lehrbuch sind Teammitglieder, die nach agilen Prinzipien denken und handeln.

 

Den eigenen agilen Weg finden

Ich bin überzeugt, dass sich dieses oder ein ähnliches Modell für jedes Unternehmen eignet, das ernsthaft Content Marketing betreiben möchte. Mein Modell kann jedoch nur als Anregung und nicht als Schablone dienen, die eigenen Content-Workflows zu verbessern – es gibt kein „one-size-fits-all“.

Agil heißt auch, eigene Wege zu finden. Teams mit flachen Hierarchien und einer offenen Arbeitskultur tun sich sicherlich leichter mit der Umsetzung. Allen anderen empfehle ich, zuerst an der Content-Kultur zu arbeiten.

Rom wurde auch nicht an einem Tag erbaut – also gehe deinen agilen Weg mit kleinen Schritten, um eine nachhaltige Verankerung und schließlich Verbesserung des Content-Outputs zu erzielen. Alle beteiligten Personen müssen mit diesem Ablauf einverstanden sein und sich auch zur Einhaltung verpflichten.

Hauptaugenmerk sollte darauf liegen, dass neue Methoden und Strukturen im Content Marketing nichts verkomplizieren, sondern vieles vereinfachen. Für das Management des Workflows sollte es eine verantwortliche Person geben („Content-Stratege“), für die Einführung agiler Arbeitsweisen kann ein (externer) agiler Coach sinnvoll sein.

 

Fazit:

Qualitätsvoller, relevanter Content kann ein entscheidender Erfolgs- und Wettbewerbsfaktor sein! In diesem Artikel habe ich aufgezeigt, wie agile Prinzipien, Techniken und Methoden dabei helfen können, Inhalte besser zu planen und zu organisieren

Transparente Regeln und Abläufe bewahren davor, im Content Marketing in puren Aktionismus abzudriften. Ein festgelegter Workflow hilft dabei, effizienter und disziplinierter mit Content umzugehen und das Thema Content Marketing intern am Leben zu halten.

Trotz Struktur braucht es aber auch Flexibilität. Hierfür habe ich mein Modell für agiles Content Marketing vorgestellt, das Marketern als Anregung dienen soll, die eigenen Content-Workflows zu verbessern. Hier wird das Modell im Detail erklärt.

 

Wie ist deine Meinung dazu? Welche Erfahrungen hast du mit agilem Vorgehen im Content Marketing gemacht? Hinterlasse mir gerne einen Kommentar oder schreib mir an mail@agilecontentmarketing.at

 

Sehr persönliche Notiz:

An dieser Stelle möchte ich mich herzlich bei meinen Interviewpartner*innen bedanken, die mir über ihre (agile) Content Marketing-Arbeit Auskunft gegeben haben! Zusammen mit Unmengen an Fachliteratur bildeten die Interviews die Basis für das Modell.

Ihr könnt das Modell gerne für eure Arbeit weiterverwenden. Empfehlt diesen Artikel weiter, wenn ihr findet, dass noch mehr Fachkollegen davon erfahren sollten. Wenn ihr etwas darüber veröffentlichen wollt, bitte denkt an die Credits! In die Erarbeitung des Modells ist viel Zeit und Energie geflossen. Bei der Visualisierung hat mich mein Papa (76) unterstützt, er hat das Modell händisch für mich gezeichnet (siehe unten) – alleine deshalb liegt es mir sehr am Herzen!

 

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Modell in the making (c) Sonja Schwarz

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